In der Umgebung der Burg Weissenau am Einfluss der Aare in den Thunersee, lebte ein Bauer, gewaltig von Gestalt, ein stolzer und verschlossener Mann. Als er schon betagt war, hatte er ein junges Weib gefreit und eine blühende Tochter hatte diese ihm geschenkt. Als die Frau einer Krankheit erlag, blieb die Tochter der Sonnenschein des alten Vaters. Die Schönheit des Mädchens war im Tale nicht unbemerkt geblieben. Ein Mönch aus dem Kloster Interlaken, jenseits der Aare, war für das holde Wesen entbrannt.
Eines Tages verfolgte er sie beim Beerenlesen an den Abhängen des Harders. Als sie ihm aber im neckischen Spiele immer wieder durchs Dickicht entschlüpfte, lief sie dem Freiherrn von Weissenau in die Hände, der von der Jagd vom Berge niederstieg. Berauscht von dem Liebreiz des Mädchens, vermochte er dieses dadurch auf die Burg zu locken, dass er ihm golden Geschmeide, Kettlein und Ringlein versprach. Nach kurzer Zeit hatte er das Kind so betört, dass es mit ganzem Herzen an ihm hing. Trotz der inständigen väterlichen Bitte wollte es das Schloss nicht mehr verlassen. Der Vater aber sah in dem Ritter nur den Verderber seiner Tochter. Er schwor blutige Rache.